Tag 2 – Die Begegnung mit Keyman

“Du kannst alles schaffen, du kannst überall hingehen. Geld, Macht, das sind Illusionen, das ist alles hier oben. Du kannst hier sein. Ich und du.”
Filmzitat | Into the Wild, 2007

Eigentlich bin ich ja kein Frühstücker – doch die noch verpackte Honigmelone, die ich mir am Vortag gefischt habe, hat dann doch angebissen, bevor ich das Haus verlassen habe. Ohne einen wirklichen Plan gibt es Tag für Tag eine Fortsetzung meines bisher brotlosen, dafür umso gemüsereicheren Abenteuers.

Der Tag war entspannt und das Gekochte vom Vortag reichte noch fürs Mittagessen im Büro. Ich konnte sogar eine gedumpsterte Banane gegen einen Kaffee tauschen. Ich habe das starke Gefühl, das war mehr ein Akt der Freundschaft mit dem fahlen Beigeschmack von Mitleid – schließlich war die Banane ebenso braun wie der Kaffee. Geschmeckt hat die Süße dem Kaffeespender dafür sehr.

Mein lieber Freund, der mich am Vortag in die bunte Welt des Abfalls einführte, besitzt zwei Schlüssel, die den Zugang zu den verschlossenen Schätzen der Müllräume ermöglichen. Die Challange war es also, einen Schlüssel zu finden oder kopieren zu lassen, für eine Hand voll Nix und Nüsse. In den vielen Facebook-Gruppen um das Thema wurde ich schnell fündig.

Und so lernte ich Keyman kennen.
Nach einem kurzen online-Wortwechsel traf ich ihn im Gastgarten einer Kneipe. Er empfing mich mit offenen Armen, überreichte mir 2 Schlüssel als Leihgabe und lud mich auf ein Bier ein. Kurze Zwischenfrage an mich: „Wie ist es so als Schnorrer?“ Eigentlich ein tolles Gefühl, weil die Menschen dir nicht etwas geben, um es zurück zu bekommen. Ich werd mich aber trotzdem revanchieren. Keyman ist wirklich engagiert und äußerst vertraut mit dem Überfluss in Wien. Insgeheim wünscht er allen unterprivilegierten Menschen in Wien ein Schlüsselband um den Hals, um sie aus der Schlinge der Armut zu befreien. Nach dem kühlen Bier und netten Gesprächen öffneten wir eine Schatztruhe nach der anderen und füllten unsere Säcke mit dem kostbaren Lebenselexier. Auf dem Weg sackte ich auch einige Tipps für das Leben als hipper Dumpster ein.

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Es ist schön zu sehen, wenn Menschen füreinander da sind, egal ob man für eine braune Banane einen Motivationskaffee bekommt oder einem alle Schatztruhen dieser Stadt geöffnet werden. Das Gefühl, unterstützt zu werden, ist wirklich motivierend.

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Während ich schon etwas müde diesen Tag niederschreibe, knabbere ich genüsslich eine Packung Chips – herrlich. Gratis schmeckt’s ja bekanntlich besser – aber zu wissen, dass man damit seinen ökologischen Fußabdruck auf ein Minimum reduziert, ist Genuss pur!

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