Als ich am Samstag meinen ersten wohnungslosen Tag in Wien verbrachte, wurde ich von einer Gruppe AktivistInnen eingeladen, um mit ihnen Lebensmittel aus der Tonne zu retten. Diesmal allerdings in einer neuen Dimension, die mir den Mund weit öffnete.
Das klang nach dem kleinen Abenteuer, das ich brauchte, um mir mein Wochenende mit neuen Erfahrungen zu füllen. Nicht ganz nebenbei brauchte ich das Essen nun mehr denn je, nachdem ich mich aus meiner Wohnung ausgesperrt hatte und temporär bis Sonntag weder Unterkunft noch Essen hatte. (Tag 5) Ich traf die Leute am ausgemachten Treffpunkt und stieg gespannt in den Kleintransporter ein.
Die Fahrt war entspannt und ich wusste nicht, was mich Neues erwarten würde, immerhin bin ich ja mittlerweile etwas mit der Thematik vertraut. So fuhren wir von den abgelegensten bis in die belebtesten Gebiete Wiens.
Was ich hier mit eigenen Augen sah, machte mich traurig und saurer, als die noch kalte Milch, die aus dem Abfallcontainer ungehört ihre Abschiedshymne sang.
Tonnen voller Brot, so frisch und weich, als wäre es direkt aus dem Ofen gefallen.
So viele Bananen, dass wir es niemals geschafft hätten, genügend hungrige Menschen oder Affen dafür begeistern zu können. Nur wenige fanden nach ihrer langen Reise aus Afrika den Weg in unseren Transporter. Da sorgte auch kein Fair-Trade Logo für gute Laune.
Unsere Kisten wurden immer voller, wir wurden immer wählerischer mit der Auswahl des Weggeworfenen.
Im Müllraum stehende Einkaufswagen wurden gleich für den Abtransport instrumentalisiert. Es entstand ein einkaufsähnliches aber dennoch trauriges Gefühl.
Viele Getränke wurden anscheinend weggeworfen, da das Mindesthaltbarkeitsdatum am selben oder nächsten Tag abgelaufen war, Etiketten zerissen oder abgegangen sind.
Von noch kalten Smoothies bis Mineralwasser, Orangensäfte, Hohes C, Coca Cola… All das ist den KonsumentInnen anscheinend nicht mehr zumutbar.
Der Kleintransporter füllte sich schnell mit den kostbaren Lebensmitteln, die aus der Wertschöpfungskette des Verkaufs gefallen waren.
Am Ende wurden die Lebensmittel zu Menschen gebracht, die sich diesen Luxus nicht leisten können, da sie finanziell schlechter gestellt sind.
IHR SEID SPITZE!
Diese AktivistInnen werden keine Preise gewinnen, sie werden auch nicht für ihre Taten gelobt, da vor dem Recht nicht die Verschwendung der Supermärkte, sondern die Rettung dieser Lebensmittel illegal ist. In diesem Falle spreche ich diesen Menschen meinen größten Respekt aus. Robin Hood hat seine treuen Nachfahren in Wien und viele Menschen profitieren davon. 🙂
Selbst ich zog mit gefüllten Taschen von dannen. Eine Freundin, bei der ich schlafen konnte, empfing mich mit großen Augen und konnte es selbst nicht glauben, was für ein Abendessen ich uns mitgebracht hatte. Ein Festmahl, das wir so schnell nicht vergessen werden.
Auch wenn wir es uns nun leicht machen und die Schuld den Supermärkten zuschieben, so sollten wir uns zuallererst selbst fragen, wie unsere Kaufgewohnheiten aussehen, nach denen sich der Handel richtet. Würden wir die braune Banane noch kaufen? Schmeißen wir das übrig gebliebene Essen nicht auch in den Hausmüll?
Wir müssen ALLE gesamtheitlich umdenken.
Lebensmittelabfälle: Zahlen, Daten und Fakten
http://www.wien.gv.at/umweltschutz/abfall/lebensmittel/fakten.html