Tag 15 ohne Geld – Halbzeitgedanken

Wir leben in einem extrem reichen Land und das Traurige daran ist, dass wir uns schon so sehr an den Luxus gewöhnt haben, dass wir diesen Reichtum kaum noch schätzen und noch weniger fassen können.

Je näher der Tag rückt, an dem ich wieder Geld ausgeben werde, desto weniger verspüre ich das Gefühl etwas verpasst zu haben. Man sagt, dass man erst weiß was man hat, wenn es eines Tages nicht mehr da ist. Doch unterm Strich existieren hierzulande viel mehr von diesen Dingen, die man nur schätzt solange man sie hat. All diese kleinen Konsumgüter, die uns anscheinend glücklich machen, entpuppen sich nur als verzichtbare Gewohnheiten. Gerne schieben wir auch den Konsum vor den eigentlichen Bedürftnissen her. “Gehen wir auf einen Kaffe?” Eigentlich sollte ja die Freundschaft und der Mensch im Vordergrund stehen. Warum nicht: “Ich vermisse dich und würd dich gerne sehen.” Vielleicht fehlt uns ein wenig das Selbstvertrauen, um die eigentlichen Bedürftnisse auszusprechen und verstecken sie daher in einer Kaffeetasse, Eistüte, unter dem Kinosessel oder hinter einem Markenshirt. Ich bewege mich derzeit in einem Umfeld von Menschen, die mit sehr wenig auskommen.  Ich traf Leute, die schon seit Jahren ohne Geld leben oder mit sehr wenig auskommen müssen.

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Am Restl Festl von Foodsharing teilten die Menschen das übrig gebliebene Essen aus dem Überschuss unseres Konsums. Gemeinsam bereiteten wir das Essen zu und aßen es. Sobald wir weniger haben oder uns mit weniger zufrieden geben rücken wir wieder näher zusammen. Und genau an Orten wie diesen findet man ein Stück echtes Glück. Etwas was ich nicht vermisse, ist die Herzlichkeit mit der man umworben wird. Prestige und Eitelkeit schlagen hier in eine ganz andere Richtung. Manchmal schäme ich mich sogar für mein überteuertes Smartphone. Ich denke, dass ich nach diesem Monat viel sparsamer leben werde ohne, dass es sich wie Verzicht anfühlt. Meine größte Angst ist, dass mich das Leben mit Geld wieder bequem macht und ich in alte Gewohnheiten zurückfalle.

Vor diesem Monat war es für mich ein ungutes Gefühl ohne Bargeld aus dem Haus zu gehen, da ich schon so konditioniert war alle Ansprüche auf das Leben automatisch mit Geld zu verbinden. Die bisherige Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Kröten in der Tasche oft nur dafür sorgen, dass wir uns in den ewig selben Kreisen bewegen, ohne auch nur geringfügig aus dem Alltag auszubrechen. Dieser finanzielle Sicherheitsgedanke verhindert leider auch oft, dass wir Hilfe annehmen oder uns nach Alternativen zum Konsum umsehen. Viel lieber verschulden wir uns bei der Hausbank, als einen Freund oder eine Freundin um Hilfe zu bitten. Wieso ist Geld so wichtig, dass wir uns so sehr darüber definieren und dahinter verstecken?

Die Frage ist, was wir von unserem Leben erwarten. Wenn man nur halb so viel ausgeben würde, müsste man nur halb so viel arbeiten und hätten doppelt so viel Freizeit. Auch ein schöner Gedanke oder?

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15 Tage ohne Geld liegen nun hinter mir, was kann jetzt noch schief gehen?  Es ist zu einfach unter der königlichen Tafel zu lauern. Lächerlich, dass ich die Befürchtung hatte mein Experiment würde damit enden, dass ich Abends hungrig und selbstbemitleidend einen Burger bestelle. Ich wollte eigentlich lernen wie es ist wenig zu haben, doch ich lebe im Überfluss.

 

 

Ein Gedanke zu „Tag 15 ohne Geld – Halbzeitgedanken

  1. Mr. Love sagt:

    Schön beschriebene Gefühlswelt <3 – War interessant mit dir am FS Festl zu plaudern – und bin gespannt ob du mit A… das Schulprojekt angehen wirst – Happy other 15 days und MOOR 🙂

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