Trüb wirft das Glas mein Abbild zurück. Hübsch bin ich wieder mal, meine Ziele hab ich auch nicht aus den Augen verloren. Kann zufrieden sein mit mir, ich alter veganer Knochen! Aber ist es vielleicht doch zu wenig was ich bin oder leiste? Ich schummel, tanz und fick mich doch auch nur durchs Leben wie ein besoffener, erde-fressender Wurm der nur ne negative CO2-Billanz zu vererben hat. Was sind meine eigentlichen Ziele eigentlich?
Ich muss doch wieder mal was Gutes tun! Bevor alle DUMM verenden muss doch wer was verändern. Dieses altmodisches Gesülze, diese rechten Spießbürger, Kapitalisten, Bänker und Hobbyphilosophen – was erlauben sie sich?! Umgedacht muss der Mensch werden. Impulse müssen her, um der bösen Manipulation Einhalt zu gebieten. Gleich morgen werd ich ihnen meine Antimanipulation aufzwingen!
Ach, die Euphorie macht mich auch schon müde. Wo ist eigentlich MEIN Benefit? Sollt ich doch so viele Dinge für die Dummen tun, damit Sie ihr Leben richtig leben – wo soll ich nur anfangen? Es geht doch alles immer so schnell. Das ist wohl die moderne Kontinuität, schneller, schneller und effizienter und immer Lächeln. Da möchte ich am liebsten nur mehr zusehen. Wie das Fernsehen den Körper lähmt, so erstarr ich manchmal im Geschwindigkeitsrausch dieser kranken *hust* *hust* Gesellschaft. Fleischskandale, Mord und Totschlag, Welthunger und immer diese Werbeunterbrechungen. Das Rauchen ist doch auch nur eine Lüge der Krebsindustrie. ABER ich darf mich nicht vom Detail ausbremsen lassen, muss den Überblick bewahren. Ich schreib es mir auf einen Zettel, nie wieder vergesse ich die Pay-TV Rechnung zu bezahlen!
Hach was bin ich doch für ein freies, hübsches Seegürkchen. Im Hellblau des Meeres bin ich Zuhause, hier erlebe ich meine Freiheit! Oder leb ich doch nur die Utopie einer Gurke unterm Schraubverschluss? Ach ich bin individuell, so ein schönes Einzelding von Mensch… und doch so Mensch wie andere Menschen das Menschsein erleiden. Ich bin schon was sehr Besonders aber der Bescheidenheit zuliebe nichts Außergewöhnliches, nicht so wie die Anderen. Die Anderen sind anders, an denen will ich mich nicht orientiert sehen. Ja, mein Umfeld prägt mich – eh klar. Es macht mich aber auch um nichts schlechter, so wie die anderen Gurken schlecht sind. Ich muss nur den Kopf unten halte. Sollen sie mir doch Ihre stinkenden Pelze, blutigen Diamanten und ihr totes Fleisch unter die Nase reiben. So sehe ich es nur einmal mehr: “Ich bin die Guten!”
Aber was wenn alles zerbricht? Wo ist nun mein Logenplatz? Ich Perle des Meeres kann ja auch nicht raus aus meinem Discount-Gurkenglas. Überhaupt bekomm ich doch Platzangst bei so vielen stinkenden GURKEN! Wenigstens schimpf ich nicht noch in den Scherben über die Blasiertheit der Anderen – so wie die Anderen, die auf Abwegen längst Freundschaft mit der Gleichgültigkeit geschlossen haben!
Hochmut kommt für den Fall des Falles, was für ne Scheiße – wenigstens verreck ich nicht allein im Scherbenhaufen.